
Group Show
Painting, Sculpture
5 Sep — 25 Nov 2025
„Die Geschichte der Kunst ist die Geschichte von Grenzüberschreitungen.“ – Erwin Panofsky
GOLESTANI ist erfreut, eine neue Ausstellung ankündigen zu dürfen, die sich mit Werken von Siegfried Anzinger, Daniel Grüttner und Stefan Rinck den Gattungen Malerei und Skulptur widmet, und sich die Frage nach den Grenzen der Kunst stellt.
Die Grenzen der Kunst haben seit jeher bestimmt, wie wir künstlerische Praxis wahrnehmen und bewerten. Seit der Antike gelten Malerei und Skulptur als zwei grundlegende, doch eigenständige Ausdrucksformen – ihr Dialog prägte über Jahrhunderte die Kunstproduktion ebenso wie ihre gesellschaftliche Wahrnehmung. Während die Malerei für Illusion und emotionale Tiefe gerühmt wurde, beanspruchte die Skulptur Präsenz und Materialität. Heute sind diese Kategorien nicht mehr starr, doch das Gespräch zwischen den Gattungen bleibt lebendig. Die Ausstellung PAINTING, SCULPTURE lädt dazu ein, die historische Auseinandersetzung zwischen Malerei und Skulptur neu zu betrachten und ihre Relevanz für die zeitgenössische Kunst zu entdecken.
Ausstellungseröffnung
Freitag, 5. September 2025, 18 – 21 Uhr
Collenbachstraße 45, 40476 Düsseldorf
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Die Grenzen der Kunst haben in den vergangenen Jahrhunderten eine entscheidende Rolle gespielt: sie halfen, Kunst zu definieren, ihre Wertigkeit zu bestimmen und ihre Stellung innerhalb von gesellschaftlichen Hierarchien und kulturellen Diskursen festzulegen. In der Ästhetik kann die Idee von Grenzen als eine Form von Kategorisierung und Strukturierung verstanden werden, die dem Betrachter eine Orientierung gibt, aber zugleich auch immer Raum für die Frage nach ihrer Veränderbarkeit lässt.
Seit der klassischen Antike, die den Grundstein für die späteren westlichen Kunstvorstellungen legte, wurde Malerei und die Bildhauerei als zwei so grundlegende wie unterschiedliche Ausdrucksformen betrachtet. Mit den Anfängen der Neuzeit entfachte sich der Diskurs um Wert und Stellung der Kunstgattungen, und mündete im Paragone, jenem Wettstreit um die Frage, welche Gattung nun den Vorrang habe. Die Diskussion, in der Künstler und Theoretiker versuchten, die Stärken und Schwächen der beiden Kunstformen zu definieren und zu verstehen, beeinflusste nicht nur die Kunstproduktion der Zeit, sondern auch die Art und Weise, wie Kunst in der Gesellschaft wahrgenommen wurde.
Während in der klassischen Antike noch die Skulptur hoch geschätzt wurde, da sie den menschlichen Körper in seiner idealisierten Form darstellen konnte, wurde nun die Malerei oftmals als überlegen angesehen, weil sie die Fähigkeit besaß, den Raum zu illusionieren und tiefere emotionale und intellektuelle Reaktionen hervorzurufen. Maler wie Leonardo da Vinci und Giorgio Vasari betonten die Bedeutung der Perspektive und der Darstellung der menschlichen Erfahrung durch Farben und Licht. Vasari erklärte in seiner „Vite“: „Die Malerei ist die höchste Kunst, weil sie in der Lage ist, die Erscheinungen der Welt auf der Leinwand nachzubilden und der Betrachterin oder dem Betrachter illusionistische Erlebnisse zu bieten.“ Für Vasari war der Wert der Malerei vor allem in ihrer Fähigkeit, die Illusion von Raum und Licht zu erzeugen, was sie von der Bildhauerei abhob – und so stellt er schließlich fest: „Die Malerei ist die Königskunst, denn sie kann die Natur im Bild nachahmen, dabei aber die Freiheit genießen, das Abbild zu idealisieren, die sichtbare Welt über die Grenzen der Realität hinaus zu transformieren.“
Die Bildhauerei hingegen wurde wegen ihrer physikalischen Präsenz und Materialität geschätzt. Sie hatte die Fähigkeit, den Raum direkt zu beeinflussen, indem sie ihn mit physischen Skulpturen füllte. Bildhauer wie Michelangelo betrachteten ihre Werke als den Gipfel der menschlichen Fähigkeit, Form und Volumen zu beherrschen. Die Bildhauerei erschien durch ihre Tastbarkeit und ihre Beziehung zum Raum als etwas Greifbareres, und Realeres.
In der Moderne erlebte die Kunst eine radikale Veränderung, die von der Entwicklung neuer Kunstströmungen und -techniken geprägt war. In dieser Zeit wurde der traditionelle Kampf zwischen Malerei und Bildhauerei nicht mehr in den Vordergrund gestellt. Stattdessen begannen viele Künstler, die Grenzen zwischen den verschiedenen Disziplinen zu hinterfragen, und sie auszuloten, um sie zu überschreiten. An die Stelle der traditionellen Kategorien, der „reinen“ Gattung, trat nun die Suche nach Hybrid-Formen, das Medienübergreifende; das Alltägliche kehrte nun in die Kunst ein und ersetzte ihren Ewigkeitsanspruch. Der französische Philosoph Michel Foucault beschäftigte sich in seiner Arbeit mit der Frage, wie ästhetische Praktiken nun selbst Grenzen und Normen herausfordern können, und unterstrich, wie Kunst als eine Form des Widerstands gegen die etablierte Ordnung wirkt und bestehende Grenzen von Wahrnehmung und Bedeutung überschreiten kann: Kunst könne neue Möglichkeiten der Subjektivität und der Weltsicht eröffnen, so Foucault, indem sie die festgelegten sozialen und kulturellen „Grenzen“ in Frage stellt.
Die Ausstellung führt mit Werken von Siegfried Anzinger, Daniel Grüttner und Stefan Rinck Malerei und Skulptur zusammen, um Spezifika und Stärken beider Kunstformen zu betonen, ohne ihre jeweiligen Eigenheiten aufzuheben. Sie möchte den Betrachter dazu anregen, über die Grenzen der Kunst nachzudenken, die über Jahrhunderte hinweg eine bedeutende Rolle gespielt haben, und gleichzeitig die künstlerische Vielfalt der Gegenwart würdigen.
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SIEGFRIED ANZINGER (geb. 1953 in Weyer, Osterreich) verzeichnet mehrere bedeutende nationale und internationale Ausstellungen, darunter die Teilnahme an der Documenta 7 (1982) oder die Vertretung des österreichischen Pavillons auf der Biennale in Venedig 1988. Anzinger wurde 1986 mit dem Oskar- Kokoschka-Preis und 2003 mit dem Großen Österreichischen Staatspreis für Bildende Kunst ausgezeichnet. Seine Werke befinden sich in den Sammlungen des MoMA (New York City, USA), des Kolumba Museums (Köln, DE), des Belvedere (Wien, AUS) sowie zahlreicher weiterer Institutionen. Sein Einfluss reicht auch bis in eine junge Künstlergeneration. Nicht erst seit seiner Professur für Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf (1998–2021) ist Anzinger eher Förderer als Lehrer und steht für die Freiheit des Ausdrucks in der Kunst. Bis heute sucht er nach neuen Lösungen in der Malerei.
DANIEL GRÜTTNER (geb. 1979 in Rotenburg an der Wümme) hat das Studium der Malerei und Graphik 2008 als Meisterschüler von Prof. Siegfried Anzinger an der Kunstakademie Düsseldorf abgeschlossen, wo er später in den Jahren 2012-14 einen Lehrauftrag inne hatte. Grüttner war an zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen beteiligt, darunter im Grassi Museum Leipzig, im Kunstverein Hannover, Kunstverein Oberhausen, Kunsthalle Brennabor, Krinzinger Wien, KleinerundWiese in Berlin, Hilbert Raum Berlin, Galerie im Körnerpark Berlin, Kunstgruppe Köln, St. Marienkirche Frankfurt/Oder, Kunstquartier Bethanien Berlin, Kunsthalle Wilhelmshaven sowie der WGZ Bank in Düsseldorf u.a.. Sein Schaffen wurde mit Residenzen der Stiftung Starke Berlin sowie der CCA Andratx, Mallorca honoriert. 2026 widmet ihm die Pinakothek der Moderne in München eine Ausstellung.
STEFAN RINCK (geb. 1973 in Homburg/Saar) studierte Kunstgeschichte und Philosophie an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken sowie Bildhauerei an der Akademie der Künste in Karlsruhe. Er lebt und arbeitet in Berlin. Er hatte zahlreiche Galerie- und Museumsausstellungen, darunter im Museum de Hallen, Harlem (NL), Sorry We're Closed, Brüssel (BE), Nino Mier Gallery, Los Angeles und New York City (US), Vilma Gold, London (UK), Semiose, Paris (FR), Galerie Rüdiger Schöttle, München (DE), The Breeder, Athen (GR), Galeria Alegria, Madrid/Barcelona (ES) und Cruise&Callas, Berlin (DE). Er nahm an der Busan Biennale in Südkorea sowie am Vent des Fôret und La Forêt d’Art Contemporain in Frankreich teil, wo er permanente öffentliche Skulpturen schuf. 2018 wurde das Werk The Mangooses of Beauvais dauerhaft in der Pariser Innenstadt in der Rue de Grenelle 53-57 (Beaupassage) installiert. Die Sandsteinskulptur »Why I Carry / Large Load Bear« wurde im November 2021 auf dem Zionskirchplatz in Berlin-Mitte eingeweiht. Sie befindet sich in folgenden öffentlichen Sammlungen: CBK Rotterdam (NL), Musée de la Loterie (BE), Krohne Collection (DE), FRAC Corse (FR). 2019 wurde Stefan Rinck in der Thames & Hudson-Publikation 100 Sculptors of Tomorrow vorgestellt. Der Dokumentarfilm »Heart of Stone« von Sonja Baeger feierte 2021 in Berlin Premiere und zeigt den Entstehungsprozess dreier monumentaler Skulpturen von Stefan Rinck. Im Dezember 2025 widmet ihm die Pinakothek der Moderne in München eine Einzelausstellung.